Erkosten von Beziehungsproblemen im Berufsalltag

 

Viele Ereignisse im Berufsalltag beschäftigen noch länger und binden so Energie und Aufmerksamkeit. Es findet also ein Aufmerksamkeits- und Energie"klau" statt. Beziehungsprobleme sind oft ein Grund hierfür.

Manchmal ist z.B. eine sofortige Beziehungsklärung nicht möglich, aus inneren oder äußeren Gründen. Dann "sitze" ich drauf. Die hierdurch gebundene Aufmerksamkeit und Energie fehlt mir für andere Arbeitsvorhaben.

 

Ein spiritueller Weg hiermit umzugehen, nenne ich "Erkosten". Er ist ähnlich der Teilnahme an einer Verkostung. Bei einer Verkostung "er"kosten Sie die Geschmacksnuancen. Dabei hilft es von einer Haltung des Nicht-Wissens auszugehen. Sie wollen den Gegenstand in möglichst vielen Nuancen kennen lernen. So ähnlich wie beim Kinderspiel, mit geschlossen Augen zu kosten.


Erkosten ist eine besondere Haltung während einer Erkundung. Ich verbleibe mit meiner Aufmerksamkeit bei dem Phänomen und versuche es mit möglichst vielen inneren Sinnen wahrzunehmen. Im inneren Universum können alle Phänomene mit allen Sinnen erfahren werden, z.B. der Klang der Stille, die Farbe, wie sich Stille anfühlt usw. Je intensiver ich den Gegenstand erforsche, desto eher wird er sich wandeln und eine andere Form annehmen. Nimmt der Gegenstand eine andere Form an, dann ist die Bindung, die Identifizierung oft gelöst.
 

Informationen zu Beziehungen

Zwischenmenschliche Beziehungen sind komplex. Letztlich ist die emotionale Reaktion am Arbeitsplatz durch die Emotionen verknüpft bis in die Zeit der frühen Kindheit in der Familie, im Sandkasten und im Kindergarten. Das Erkosten kann Sie darin unterstützen, die Vergangenheit von der Gegenwart zu trennen und somit mehr Handlungsspielraum zu gewinnen. mehr

 

Da Beziehungen oft komplex sind, empfehle ich zunächst einen weniger anspruchsvollen Gegenstand zum Üben: das Erkosten des eigenen Daumens. zur Vorübung

 

Übung: Erkosten eines Beziehungsproblems im Berufsalltag
Was spüren Sie im Körper und wo spüren Sie dieses. Nehmen Sie wahr, was für Gefühle Sie wo im Körper spüren, welche Empfindungen. Finden Sie besonders heraus, wie sich die Gefühle und Empfindungen genau anfühlen und welche Assoziationen und Erinnerungen dieses Nachspüren in Ihnen auslöst.

Nehmen Sie auch wahr, was Sie dabei denken, sich vorstellen, analysieren, planen und phantasieren. Nehmen Sie beides, die Gefühle und Empfindungen und die Tätigkeit des Geistes mit einer Haltung war, dass Sie die darin liegende Botschaft noch nicht ganz kennen und Sie diese entschlüsseln wollen. Nehmen Sie wahr, wie sich das Gefühl in eine Emotion verwandelt und welche Reaktionen dies in Ihnen auslöst. Schätzen Sie ein, wie viel von dem Gespürten aus der Vergangenheit kommt und wie viel aus der gegenwärtigen Situation. Nur die gegenwärtigen Gefühle sind wirklich Teil des Beziehungsproblems im Berufsalltag.

Wenn Sie sich nach dem Erkosten noch nicht genügend vom Beziehungsproblem haben freimachen können, erkosten sie erneut mit der Haltung noch nicht genug zu wissen.

 

Beispiel:

Ich habe gerade erfahren, dass ein Kollege auf die Position befördert wurde, auf die ich mich schon innerlich eingerichtet habe. Im Bauch spüre ich Wut. Wie können die nur. Ich könnte die zusammenschlagen. Sofort kommen auch Selbstzweifel. Da spüre ich in der Brust einen Schmerz. Bin ich nicht gut genug, denke ich? Warum hat man ihn mir vorgezogen. Wissen meine Vorgesetzten nicht, dass ich besser, zumindest genauso gut bin, wie der Kollege. Frage ich mich.

Mir ist bewusst, dass ich schnell über die Wut und den Schmerz hinweg gegangen bin und in Erklärungen hinein. Wut und Schmerz habe ich nicht genug erkostet, weil es weh tut und die Erklärungen nicht.

Ich spüre nach. Ist der Schmerz in der Brust noch da und was spüre ich genau dort. Der Schmerz in der Brust ist noch da und fühlt sich wie ein dumpfer Druck auf der Brust an. So, als ob etwas mich dort zusammen drückt. So, als ob ich an die Wand gedrückt werde. Ich erinnere mich an Auseinandersetzungen mit meinem größeren Bruder, der mich oft an die Ecke gedrückt hat, um mir zu zeigen, dass er stärker war als ich. Der Schmerz ist das Gefühl der Ohnmacht gegenüber einer Macht, der ich mich nicht erwehren kann. Genau diese Ohnmacht spüre ich gegenüber der Entscheidung meiner Vorgesetzten, den Kollegen mir vorzuziehen. Diese Kenntnis der gefühlten Ohnmacht macht mir klarer, wo ich in meiner Reaktion auf die Beförderung meines Kollegen bin. Nun werde ich klarer und frage mich, ob ich heute auch wirklich so ohnmächtig bin, wie ich mich damals gegenüber meinem Bruder gefühlt habe.

Nun kehre ich erneut zurück und frage mich, wie das mit der Wut im Bauch ist, ob sie noch spürbar ist. Ich spüre immer noch Wut wie einen brennenden Ball im Unterbauch. Doch der Impuls zusammen zu schlagen ist nicht mehr da und ein Gefühl der Ungerechtigkeit ist hinzugekommen. Es fühlt sich gut an, die Wut zu spüren, sie ist heiß und verheißt Kraft. Die Kraft der Wut wirkt der Ohnmacht entgegen. Ich spüre beide Gefühle und die damit verbundenen Empfindungen und lasse die gegenseitige Beeinflussung zu.

Allmählich wandelt sich die Wut mehr in Kraft. Diese Kraft spüre ich daran, dass sich mein Unterkörper voller und schwerer anfühlt, so als ob ich an Substanz gewinne. Auch der Schmerz wird etwas geringer, weil ich nun weiß, wie meine emotionale Reaktion mit meiner Vergangenheit zusammen hängt.

Ich denke: Ich lasse mich doch davon nicht unterkriegen. Ich werde mit den Vorgesetzten sprechen, warum der Kollege ausgewählt wurde und ich nicht. Ich werde sie fragen, wie Sie mich mit meinen Qualitäten in einer diese Qualitäten mehr aufnehmenden Position beschäftigen können.

Ich bin bei mir angekommen und nicht mehr beim Neid auf den Kollegen.

 

Zur Übung Erkosten

Die Technik wird deshalb "Übung" genannt, weil sie nur durch Üben erworben werden kann. Je öfter sie üben, desto besser wird die Wirkung. Es gilt die Volksweisheit, dass noch nie ein Meister vom Himmel gefallen ist. Vielleicht kommen Sie beim ersten Mal nicht so weit, wie im Beispiel. Doch schon etwas weiter, hilft Ihnen schon weiter beim Distanzieren von der bindenden Erfahrung.

 

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© Dr. Volker Buddrus