Selbstfindung im Unterricht?!

Ein Trainingsansatz für Lehrerinnen und Lehrer

 

Wie finde ich mich gewöhnlich im Unterricht?

Ich muss funktionieren. Und ich funktioniere auch innerlich, indem ich routinehaft, fast automatisch handle. Manche Stärken meiner Persönlichkeit wie Nervenkraft, Willensstärke, Durchsetzungsfähigkeit usw. erleichtern mir neben meiner fachlichen und didaktischen Kompetenz den Unterricht. Manche Schwächen meiner Persönlichkeit wie Wankelmut, Kränkbarkeit, mangelnde innere und äußere Disziplin usw. erschweren ihn.

Wozu komme ich gewöhnlich nicht?

Ich nehme weder die Qualitäten meines Selbst noch die des Selbst der Schüler wahr. Dadurch kann ich die Qualitäten meines Selbst nicht einbringen und im Unterricht nicht einsetzen. Ebenso kann ich die Selbstqualitäten meiner Schüler nicht wahrnehmen, sie nicht spiegeln und hierdurch die Mitarbeit gestalten.

Was sind Qualitäten des Selbst und wie wirken sie sich im Unterricht aus?

Gegenwärtigkeit – Präsenz

Die Gegenwärtigkeit ist die Art und Weise, wie ich im Unterricht da bin, wie ich im Unterricht bin. Für die Schüler bin ich nur dann präsent, wenn meine Ausstrahlung über mich hinaus ragt.

Meine Präsenz ist das Medium, durch das ich in die Klasse hinein strahle. Erfülle ich das Klassenzimmer mit meiner Ausstrahlung oder bin ich gar nicht zu spüren? Bin ich mit einem Element meiner Unterrichtsvorbereitung identifiziert oder bin ich offen und kann mich auf die jeweilige Situation einlassen?

Durch meine Präsenz transportiere ich unterschiedliche Qualitäten. Strahle ich Kraft, Vertrauen, Zuversicht, Ruhe, Gelassenheit, Freude und Liebe aus oder bin ich voller Groll, Zynismus oder Angst?

Meine Präsenz teilt sich unmittelbar den Schülern mit. Diese reagieren dann entsprechend ihrer Persönlichkeit auf meine Ausstrahlung.

Augenblicklichkeit

Das, was gewöhnlich in der aktuellen Situation als Gegenwart erlebt wird, ist viel umfänglicher als es die normale Aufmerksamkeit zulässt. Gewöhnlich bin ich mit einem Gegenstand meiner Aufmerksamkeit identifiziert und nehme alles andere am Rande wahr. Die Augenblicklichkeit ist jedoch kein Bild sondern eine sich entfaltende Landschaft. mehr...

Freiheit im Handeln

Sehr viel Handeln im Unterricht ist reaktiv. Reaktiv heißt, dass die von „außen“ durch die Sinnesorgane und die von „innen“ durch die Informationsverarbeitung im Körper (besonders im Gehirn) einkommenden Nervenimpulse „automatisch“  mit Bedeutungen, Gefühlen und Reaktionsmustern verbunden werden. Die Interpretation erfolgt automatisch aufgrund vorgängiger Erfahrungen. Wenn ich jedoch diese Impulse spüren kann und die automatische Bedeutungszuordnung unterbreche, dann kann ich wählen, ob ich meinen Gewohnheiten nachgehe, neue Bedeutung zuordne oder nach neuer Bedeutung nachforsche. Dies gibt mir mehr Entscheidungsräume im Handeln.

Selbstzustände erleben

Wenn ich mich selbst im Unterricht wahrnehme, dann zumeist nur Stresssituationen, in denen ich mich überfordert, angegriffen, verletzt fühle und mich als mangelhaft erlebe. Selten nur fühle ich mich zufrieden, bin ich stolz und zuversichtlich. All die eben aufgeführten Weisen des Erlebens meines Selbst sind Zustände meiner Persönlichkeit aber noch nicht meines „wahren“, „tiefen“ Selbst. Zustände des Selbst haben eine andere, eine förderliche Qualität. Ich erlebe dann z.B. Freude, Kraft, Identität, innere Stille, Wille. In einem Selbstzustand brauche ich mich nicht zu mühen, ich brauche nur zu sein. Ich fühle mich in diesem Zustand „aufgehoben“, „zu Hause“, „bei mir“.

Wenn ich in einem Selbstzustand bin, läuft auch der Unterricht wie von selbst. Ich bin dann frei und intuiere das, was im Augenblick optimal ist. Die Schüler merken das und arbeiten mit.

Selbstzustände bei den Schülern wahrnehmen und spiegeln

Manchmal sind auch Schüler in Selbstzuständen ohne das sie sich diesen Zuständen bewusst sein müssen. Werden sie gefragt, was mit ihnen in diesem Augenblick „los“ ist, werden sie vermutlich äußern „gut“. Richtig erfahrbar werden Selbstzustände aber erst, wenn sie wahrgenommen und bewusst erschlossen werden. mehr ...

Die Wandlung von Qualitäten der Persönlichkeit in Qualitäten des Sein

Wenn ich im Unterricht mit meiner Persönlichkeit identifiziert bin, dann bin ich nicht mit meinem Sein identifiziert und umgekehrt. Die Wandlung vom Bewusstseinszustand der Persönlichkeit in den Bewusstseinszustand des Sein ist jedoch kurzzeitig möglich und kann erlernt werden. Als Medium der Wandlung dienen Gefühle. mehr ...

 

Wie finde ich im Unterricht mein Selbst?

Durch eine Veränderung der Aufmerksamkeit und Entwicklung von Achtsamkeit, durch Zentrierung sowie durch Ausweitung der Bewusstheit und Stärkung der Bewusstheitskraft. Dies sind Fähigkeiten, die weiterentwickelt und trainiert werden können.

 

 

Mein Hintergrund

Ich integriere in meine Arbeit die Psychosynthese von Roberto Assagioli,  die Prozessarbeit von Arnold Mindell, die Schattenarbeit von Cliff Barry und den Diamond Approach von  A.H. Almaas.

 

 

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© Dr. Volker Buddrus