Dr. Volker Buddrus

 

 

Faq zum Seminar Narzissmus

 

 

Faq (frequent asked questions) sind vielfach geäußerte Fragen von TeilnehmerInnen zum Seminar und zu den Seminarinhalten, die ich jedoch durch didaktisch motivierte Fragen ergänze.)

 

Warum ist die Erkundung keine Therapie?

Eine Therapie zielt darauf ab, die Persönlichkeitsstruktur zu heilen oder Spannungen und Widersprüche in ihr erträglicher zu machen. Vom Sein her betrachtet, kann eine Persönlichkeitsstruktur aber nicht geheilt werden, weil sie eine Notfallausrüstung der Seele ist und daher nicht heilbar. Die Erkundung zielt auf Seinszustände oder auf Zustände, die näher am Sein sind. Erkundet werden soll, was wirklich ist.

 

Wie unterscheide ich Seinszustände von anderen Zuständen?

Wahrnehmungen im Sein sind nicht dual, Wahrnehmungen in der Persönlichkeitsstruktur sind dual.

Bist Du in Seinszuständen, dann ist die Unterscheidung von Ich und Wahrnehmungsgegenstand aufgehoben. Dann ist da z.B. nicht mehr ein „Ich freue mich“ sondern nur ein „freuen“ oder „Freude steigt auf“.

 

Warum unterscheide ich „Persönlichkeitstruktur“ oder „Ego“ von der „Persönlichkeit“?

Die Persönlichkeit ist als ein Aspekt, als eine Qualität des Seinszustandes wahrnehmbar. Sie ist als personales Sein wahrnehmbar. Um das personale Sein von der Ersatzpersönlichkeit zu unterscheiden, benenne ich diese mit Persönlichkeits-Struktur oder Ego.

Die Persönlichkeitsstruktur ist eine Objektivierung. Objektivierung heißt: die Struktur steht mir als ein Gegenstand, als ein Objekt gegenüber. „Ich mag Rotwein.“ „Rotwein mögen“ ist ein Gegenstand meiner Wahrnehmung, ein mir gegenüberstehender Teil von mir. Diese Objektivierung entsteht durch eine In-Eins-Setzung (Identifikation) der Persönlichkeit mit einem Objekt, welches dadurch zu einem Identitätsobjekt wird. Im Beispiel: zu meiner Identität gehört, dass ich Rotwein mag (und kein Biertrinker bin).

 

Beispiel: Das kleine Kind ist bei sich, im Sein, hat Spaß daran, mit dem Deckel auf einen Topf zu schlagen. Es ist das Schlagen mit einem Deckel auf einen Topf. In einer Tätigkeit versunken hört es nicht, wenn die Mutter sagt „hör auf“. Die Mutter sagt dann „Du bist böse“. Das Objekt ist die Zuschreibung der Mutter „Du bist böse“. Wenn das Kind sich mit dieser Zuschreibung identifiziert, nimmt es dies als ein Identitätsmerkmal auf. Es wird ein Teil (mit hunderten von anderen Teilen) der Persönlichkeitstruktur. Wenn das Kind hingegen sofort „hört“ und „folgt“, kann es sein, dass die Mutter sagt „Du bist brav“, ein weiteres Identitätsmerkmal, falls das Kind sich hiermit identifiziert.

 

 

Was hindert mich, im Sein zu sein?

Meine Vorstellungen von mir und von der Realität. Die Vorstellungen bestehen aus Gedanken, Grundüberzeugungen, altem Wissen von mir und der Welt. Ich bin mit meinen Vorstellungen liiert, verheiratet, verliebt, vertraut, auf Gedeih und Verderb verbunden, also identifiziert. Daher nehme ich das, was ist, durch meine Vorstellungen von mir und der Welt wahr. Und bei (fast) jeder Wahrnehmung kehre ich zu diesem Fluchtpunkt meiner Wahrnehmung zurück. Dieses ist jedoch kein passives Geschehen. Denn die Vorstellungen sind durch Gefühle und Traumata mit Energien verbunden. Sie üben einen Sog aus, der auch als Gier empfunden werden kann. Und dieser Sog hindert daran, im Sein zu sein. Ich bin, wenn ich nicht aufmerksam bin, immer schon mit der Persönlichkeitsstruktur verbunden. Genauer: Ich verbinde mich aus Gewohnheit und aus Sucht heraus mit der Struktur.

 

Was bringt mich ins Sein?

Die Ausweitung des Bewusstseins über die Persönlichkeitstruktur hinaus durch liebevolle Aufmerksamkeit. Dies kann sich ergeben, wenn ich wach und leer bin oder durch einen psychischen Unfall. Ansonsten bleibt der Weg der Übungen. Besonders die Erkundungen, die Arbeit an der narzisstischen Struktur und die Extremitätenübungen sind hilfreich. Weiterhin alle Übungen, welche die Bewusstheit stärken. Auch das Wissen um die Zusammenhänge zwischen Sein und Persönlichkeitstruktur ist hilfreich, denn ich weiß genauer, wohin ich gucken kann.

 

Was hilft mir, Seinserfahrungen zu machen?

Mein Interesse an dem, was „wirklich“ ist. Meine Sehnsucht.

 

Warum ist die Durchführung des Erkundungsprozesses so voraussetzungsvoll?

Weil ich durch das Interesse an dem, was ist, motiviert sein muss und nicht an einem bestimmten Ergebnis. Immer, wenn ich etwas Bestimmtes will, bin ich nicht an dem was ist, sondern bei dem, was sein soll. Im Grunde ist das Heraushalten des Egos oder der Persönlichkeitsstruktur erforderlich. Das ist schwierig und ungewohnt. Daher liegt es nahe, immer wieder „etwas eigenes“ in den Erkundungsprozess einzubringen. Doch dies lenkt den Prozess ab und schaltet den Beschleuniger aus. Ich verzichte dann auf die Unterstützung der Seinsqualität „Erkunden“. Der Prozess wird mühselig, die Seele hat plötzlich „Mühe“. Der Prozess wiederholt sich.

Was es dann braucht ist die Rückkehr zur Motivation, aus dem Herzen heraus wissen zu wollen, was ist.

 

Was behindert mein sein im Sein?

Nichts. Denn ich bin immer schon im Sein. Interessant ist jedoch, was meine Wahrnehmung des Seins behindert.

Und dies ist vor allem meine Persönlichkeitsstruktur. Und noch viel mehr. Siehe auch die Landkarte der Behinderungen

 

Was fördert mein sein im Sein?

Nichts. Denn Sein ist sein und nicht beeinflussbar.

Also erneut die Frage: Was fördert meine Wahrnehmung des Seins? Ein förderlicher Kontext.

 

Was ist ein förderlicher Kontext, um im Sein zu sein?

Dies ist für jeden anders. Hier ein paar Anregungen.

Du reservierst einen Zeitraum und einen Ort am Tag, wo Du Erkundungen durchführen kannst. Du nimmst Dir vor, die Erkundungen als Teil Deines Lebens durchzuführen, ebenso, wie Du Deine persönliche Hygiene gelernt hast. Du führst regelmäßig Erkundungen durch mit der Motivation zu wissen, wo Du bist.

Du lernst Methoden der Meditation oder Achtsamkeit, die den Muskel der Bewusstheit und Aufmerksamkeit trainieren und stärken. So weitest Du allmählich Deine Fähigkeit aus, die Wahrnehmung des Seins zu halten und zu stabilisieren.

Du bist achtsam, was Du tust und wie Du etwas tust. Wenn Du wahrnimmst, dass Du aus Deiner Mitte, aus Deinem Zentrum heraus bist, dann entscheidest Du Dich, wieder in Deine Mitte zu kommen und bringst die hierfür notwendige Zeit und Energie ein.

Du nimmst wahr, mit welchen Menschen Du Dich umgibst und wem Du für was Energie gibst. Du achtest auf Dich, dass Du energetisch nicht leer läufst. Und Du suchst Dich  nährende persönliche Kontakte.

 

Stand: 6.1.2006

 

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© Dr. Volker Buddrus